Palermo: Auf den Spuren der sizilianischen Mafia

Format
Reisebericht
Lesedauer
3 Minuten
Veröffentlicht am
19. Mai 2022

In den Osterferien begaben sich zehn Studierende der UniLu und PHLU auf eine Reise nach Palermo, Sizilien, um in die Geschichte der Insel und der Mafia einzutauchen. Sieben intensive Tage, gefüllt mit lokalen Köstlichkeiten, überwältigender Architektur, düsteren Einblicken in das Leben einiger Anti-Mafia-Aktivisten, die für den Kampf ihr Leben gaben und last but not least: viel herumlaufen mit einer Gruppe Studierenden, angeleitet von Valerio Ciriello, dem Hochschulseelsorger des Campus Luzern. 

 Estelle Ophelia Bassal, PHLuzern Primarstufe

„Was ihr hier erfahren habt, wissen in ganz Italien vielleicht zwanzig Personen“, sagte Valerio Ciriello kurz vor unserer Heimfahrt am 24. April. Mich wunderte dies nicht, denn die vergangenen sieben Tage waren intensiv und umfassend. Schon der Fakt, dass man nachts sicher herumlaufen kann, zeigt deutlich, wie aktiv die Mafia in Palermo ist. Es liegt in ihrem Interesse, dass die Tourist*innen sich wohlfühlen und hier ihr Geld ausgeben, daher sollen sie geschützt werden. Im Untergrund zieht die Mafia die Fäden des öffentlichen Geschehens und wer sich nicht fügt, bekommt ihren Unmut spüren. Dennoch gibt es einige, die sich wehren. 

Das Sardellenmuseum

Michelangelo Balistreri führt das Museo dell’Acciuga e delle Arti Marinare in Aspra. Wer sich dort ein Museum über Sardellen vorstellt, wird bereits im ersten Raum überrascht. „Das ist kein normales Museum“, meint Balistreri. „Ihr werdet alle als Sardellen herausgehen“. In einem Moment erzählt er uns die Geschichte der Sardellenproduktion und des Designs der Dosen und wie er seine Frau kennenlernte, im nächsten singt er einer Studentin unserer Gruppe ein Ständchen auf seiner selbstgemachten Gitarre mit einem kleinen Modellboot als Körper, nachdem sie von ihm ein Fahrrad in die Hände gedrückt bekommen hat und nun dekorativ dasteht. Bald darauf ist die Hälfte von uns als Statist*innen in eine Theaterszene eingebunden, in der die Sardellen verkauft und in Salz eingelegt werden. Es ist schwer zu beschreiben, was das alles genau ist, aber diese Tour ist gewiss ein Erlebnis und sehr zu empfehlen. Kurz bevor der Rundgang fertig ist, kommt die Polizei. Der Künstler wird von ihnen beschützt, weil er das Schutzgeld an die Mafia nicht zahlen will. Zusammen mit seiner Familie entschied damals, eine Anzeige zu erstatten, obwohl er die Konsequenzen kannte. Abschliessend sagte Michelangelo Balistreri: „Wenn sich alle Sardellen zusammenschliessen, sind sie stärker als der Haifisch.“

Bild 1: Michelangelo Balistreri (links) bei seinem Sardellenmuseum mit drei Studenten*innen und Valerio Ciriello (rechts).

Auf dem Weg zum nächsten Stopp

Unser Fahrer hatte einst einen Schritt in die Politik gewagt. Er stellte sich als Kandidat und schon bald kontaktierte ihn ein früherer Schulkollege. Ob er nicht mehr Stimmen wolle, die “Cosa Nostra” könnte nachhelfen, damit er gewählt wird, meinte der alte Bekannte. Sie ist sehr effektiv und hält, was sie verspricht. Es versteht sich aber von selbst, dass nichts geschenkt ist…

Centro Padre Nostro

Im Stadtviertel Brancaccio besuchten wir das Sozialzentrum Centro Padre Nostro, welches vom Priester Padre Pino Puglisi gegründet wurde und bis heute besteht. Maurizio Artale, der Präsident des Zentrums, erzählte uns von der Arbeit. Unter anderem erhalten Schüler*innen Hausaufgabenhilfe und können beim Mittagstisch betreut werden. Ebenfalls gibt es Sportplätze, wie Padre Puglisi sie sich vorstellte. Sein Herz lag bei den Kindern und der Jugend in diesem Viertel und er wollte ihnen eine bessere Zukunft geben und Chancen vermitteln, selbst, wenn er dabei auf grossen Widerstand stiess. Dies gelang ihm bis zu seinem frühen Tod. Am 15. September 1993 wurde er vor seinem Hauseingang erschossen. 

Kulinarik und Kultur

Auf dieser Reise ging es jedoch nicht bloss um die Mafia in Italien. Wir waren neugierig und reiselustig und fanden uns in einer inspirierenden Gruppe mit vielen Fragen. Die Unterkunft mitten in der Altstadt Palermos, in der es nur so von Marktständen wimmelt, vermittelte Geborgenheit, selbst wenn das Geschehen bis in die späten Abendstunden zu hören war. 

Aussicht früh Morgens aus dem Fenster in der Unterkunft auf die Marktstände.

Beim Flanieren durch die Strassen und Seitengassen hörten wir immer wieder jemanden singen, als sei die offene Strasse ein Opernhaus. Auf dem Weg zu den besten Arrancini der Stadt ging es vorbei am Quattro Canti, dem Herzen der Altstadt, an dem sich vier historische Stadtviertel treffen. An diesem Ort gibt es täglich Livemusik, die zum Stehenbleiben und Zuhören anregt. Beim nachmittäglichen Café mit Cannoli spielten wir Karten vor dem Platz der Schande. 

Cannoli und weitere sizilianische Süss-Gebäck-Spezialitäten.

An einem anderen Tag spazierten wir über die Salzgärten in den Salinen von Trapani und genossen Einblicke in die Meersalzgewinnung des Ortes. Auch eine Olivenölverkostung blieb uns nicht erspart und das Probieren von Olivenöleiscreme.

Auf dem Weg über die Salzgärten von Trapani mit Sicht auf die Windmühlen.

Ja, unser Programm war vielfältig, wie es nur mit einer durchdachten Planung und umfassenden Ortskenntnissen gelingen kann. Die Auswahl der Reisebegleiter*innen, die uns tiefer in die Geschichte und die Kultur der Insel eintauchen liessen, hätte man wohl nicht besser treffen können. Darunter Emilia Maggio und Dr. Anita Brestler, an die hiermit ein besonderes Dankeschön herausgeht.

Ausblick

Eine weitere Sizilienreise mit neuem Programm findet im September statt. Infos und Anmeldung auf: Horizonte-luzern.ch/unsere-events/studienreise-nach-Sizilien

Zudem finden aktuell Vorlesungen zur Reihe „Die Mafia – eine Bedrohung für die Schweiz?“ im Uni-Gebäude Luzern statt. Die nächste am 25. Mai um 17:15 Uhr. Weitere Infos auf: unilu.ch/agenda

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