Estelle Ophelia Bassal, Pädagogische Hochschule, Studiengang Primarstufe
Das Jahr neigt sich dem Ende, der Schnee bedeckt sanft die Häuser und Bäume und es kommt Weihnachtsstimmung auf. Da wir ohnehin Kerzen auf Vorrat kaufen mussten, erhellen diese nun unsere Wohnzimmer und erfüllen den Raum mit warmem Licht. Das scheint gewiss anregender als stromsparende LED-Leuchten. Ich denke zurück. Es war ein wildes Jahr, wir haben einiges erlebt und nun dürfen wir mit Ruhe dem Ende und Neubeginn entgegenblicken. Ob man jetzt noch mitten in den Prüfungsvorbereitungen steckt oder sich bereits auf besinnliche Festtage einstellt, die weissen Wiesen und Häuserdächer dämpfen nicht nur die Geräuschkulisse, sondern auch den Stress, der uns durch das Jahr begleitet hat und laden dazu ein, ihn wenigstens für einige Tage zur Seite zu legen.
Mit der Wintersonnenwende heute Abend um 22:47 Uhr beginnt der Winter erst, doch gleichzeitig werden die Tage wieder länger. Ich lasse das Jahr Revue passieren und beginne mit dem heutigen Tag. Eine liebevolle Umarmung eines Menschen, den ich für einige Zeit nicht gesehen hatte. Ein gemeinsames Lachen, gemeinsames Leiden. Die Welt scheint manchmal ungerecht. Das Leben wird niemals einfach sein, doch es ist WUNDERSCHÖN. Ich denke an die letzte Woche zurück: Das Semester hat geendet und wurde gefeiert. Ein letztes Mal für dieses Jahr ins Unigebäude gelaufen und viele der Gesichter werde ich nun für einige Zeit nicht mehr sehen.
„Jeder Mensch bringt Freude in dein Leben, die einen, wenn sie kommen, und die anderen, wenn sie gehen.“
Viele neu erworbene Bekanntschaften werden es nicht ins nächste Jahr schaffen, diese lasse ich beruhigt und dankbar gehen. Doch viel schöner sind jene, die ich nicht erwartet habe, von denen ich nicht wusste, dass sie mein Leben so bereichern würden und nun stehen wir hier.
Ich gehe weiter zum letzten Monat, die eisige Kälte, die aufkam und sich wie Nadeln auf der Haut anfühlt, die Dunkelheit, die spät geht und früh wieder kommt. Manch bedrückender Tag wirkte auf die Stimmung ein, doch die warm heimeligen Momente, die als Kontrast zur Aussenwelt mitkamen, wirkten als Ausgleich. Der Weihnachtsmarkt, Glühwein und Kerzenlicht, Duftöle und freundliche Verkäufer*innen.
Zurück zum Herbst, die goldenen Blätter auf dem Boden, die angenehm warmen Abende. Die Tage, die langsam kürzer werden und die Zeitumstellung, die uns eine Stunde schenkt. Weiter davor der sanfte Start ins Semester und das Wiedersehen mit alten Bekannten. Die Zweifel, ob dies wirklich der richtige Weg ist und ihre Umkehrung in totale Gewissheit.
Der Sommer, hemmungslos und frei. Endlich wieder unbekümmert reisen, viele Begegnungen, neue Bekanntschaften und Abenteuer, egal, ob in der eigenen Stadt oder fern ab auf fremdem Grund. Die Sonne auf der Haut, die schweisstreibende Hitze, die Ausgelassenheit, welche uns die Sonnenenergie auf den Weg gibt. Ein kleiner Moment, allein, auf den See schauen und das Alpenpanorama geniessen, wie schön es hier doch ist.
Ich gehe weiter zurück, Sommerbeginn, das Ende des Frühlingssemesters. Wie weit weg das jetzt alles scheint. Ich war der gleiche Mensch, doch jedes Erlebnis seither liess mich weiter wachsen und gedeihen, verunsicherte mich und brach alte Denkensmuster ein, baute diese in neuen Konstellationen auf. Die Raupe verpuppt sich und wird in ihre Einzelteile zerlegt, bevor sie als Schmetterling neu geboren wird. Beim Mensch wohl immer und immer wieder.
Der Frühling war unruhig. Nachrichten von Krieg und Zerstörung liessen die Welt erschaudern und lösten die Angst und Unsicherheit vor einem Infekt ab durch eine grössere Angst über unsere Sicherheit. Ich erinnere mich an betrübte Gesichter in der Bahnhofshalle, energielos und müde. Die ersten Blumen blühten, doch der Schmerz über das Leiden vieler und über den Grössenwahn einzelner, scheinbar mächtiger Menschen, dämpfte unsere Fähigkeit, uns an den kleinen Dingen zu erfreuen. Möglicherweise forderte es uns auch heraus, all den negativen Gedanken zu Trotz, optimistisch zu bleiben. Das erste Mal im T-Shirt rausgehen, die erste Frühlingssonnenstrahlen auf der Haut, der Duft der neu erwachten Natur. Jedes Jahr zugleich und doch immer anders und überwältigend.
An den letzten Winter kann ich mich nur wenig erinnern. Einzelne Ereignisse blitzen in meiner Erinnerung auf, ich war hier und ich war weg, genoss die Ferien in der Sonne nach einer Zeit, eingenommen vom Prüfungsstress und Leistungsdruck. Davor das letzte Neujahr mit den Vorsätzen fürs 2022, unwissend, was es wohl bringen würde. Einige Vorsätze habe ich gewiss erfüllt, die anderen sind mir wohl entfallen. Für das kommende Jahr werde ich nur vage formulierte Vorsätze fassen, die sich erst später festigen und somit je nach Interpretation erfüllen werden.
Genug gesagt, das war mein 2022.
Schöne Festtage und einen guten Rutsch!