In Zeiten von Corona sieht das Unileben überall auf der Welt ähnlich eintönig aus. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für ein Semester im Ausland, könnte man meinen. Zwei Studierende machen an der Hochschule Luzern aber andere Erfahrungen.
Lea Schüpbach, für ESN Luzern
Als er sich für ein Semester im Ausland bewarb, habe er sich das schon etwas anders vorgestellt, sagt Jack Clarke. Er kommt aus Dublin und hatte sich erhofft, in Mitteleuropa herumreisen zu können. Obwohl das nun nicht möglich ist, geniesst er seinen Aufenthalt in Luzern: «Ich habe mich natürlich nicht auf Zoom-Vorlesungen eingestellt, aber sonst läuft es wie erwartet.» Seit der 20-Jährige im Februar in die Schweiz gekommen ist, hat er es nur gerade zweimal in ein Gebäude der Hochschule Luzern geschafft.
Das störe Jack aber nicht, schliesslich finden die Ingenieur-Vorlesungen an seiner Heimuni auch im Fernunterricht statt. Dazu kommt: In Dublin wohne er noch bei seinen Eltern. Dass er jetzt zum ersten Mal alleine lebt, geniesse er sehr, auch wenn die neue Freiheit bloss aus einem kleinen Zimmer in einem Studiwohnheim besteht. Ausserdem seien die Corona-Schutzmassnahmen hier deutlich weniger streng als zuhause: «Irland hat ein ähnliches Kanton-System wie die Schweiz. Das letzte Mal, dass ich meinen «Kanton» verlassen durfte, war im vergangenen August. Nachher hat sich das Leben nur noch in einem Radius von etwa zwanzig Autominuten um unser Haus bewegt.»
Dass er sich in der Schweiz mehr oder weniger frei bewegen kann, sei am Anfang schon komisch gewesen, sagt Jack. Unterdessen habe er sich aber daran gewöhnt und versuche, es so gut wie möglich auszunutzen. «Ich unternehme in meiner Freizeit so viel wie möglich. In den letzten Wochen war ich in Davos, in Zürich, in Engelberg zum Skifahren. Meistens planen wir in einer kleinen Gruppe am Tag vorher und sind dann von morgens um acht bis abends um acht unterwegs.» Auch an verschiedenen ESN-Events habe Jack schon teilgenommen und so neue Kontakte geknüpft.
Während Jacks Familie in Irland von solchen Ausflügen im Moment nur träumen kann, sieht es bei der Verwandtschaft von Areen Fadila ganz anders aus. Die 22-Jährige stammt aus Israel, wo die Auflagen wegen der fortgeschrittenen Impfkampagne bereits deutlich weniger streng sind als in der Schweiz. Als sie nach Luzern kam, um an der Hochschule Design und Kunst zu studieren, hatte sie ihren Impftermin in Israel aber gerade verpasst: «Zwei, drei Wochen vor meiner Abreise konnten sich meine Eltern impfen lassen. Dass ich dazu keine Zeit mehr hatte, hat mich zuerst sehr verunsichert. Aber ich finde, die Schweiz hat die Situation gut im Griff. Deswegen sind meine Bedenken rasch verflogen.» Den Aufenthalt wegen der Coronasituation verschieben? Areen schüttelt den Kopf. Das wäre für sie nie in Frage gekommen.
Sie und Jack mussten sich lange vor Corona für einen Studienplatz im Ausland bewerben, ein Visum beantragen und eine Unterkunft suchen. Als sie dann die Zusage für Luzern erhalten habe, wollte sie sich diese Chance nicht entgehen lassen, sagt Areen: «Es ist nicht so einfach, an einer anderen Uni angenommen zu werden. Es gibt viele Leute, die sich für ein Auslandsemester bewerben. Deswegen war ich sehr dankbar, als es bei mir geklappt hat.»
Dies sahen aber nicht alle so: Die Hochschule und die Universität Luzern geben an, dass diesen Frühling zusammengerechnet etwa ein Drittel weniger Auslandsstudierende nach Luzern gereist seien als in früheren Semestern. Aktuell sind etwa 100 Studentinnen und Studenten aus dem Ausland in Luzern immatrikuliert. Die anderen haben abgesagt, entweder wegen dem schon im Voraus angekündigten Fernunterricht oder der persönlichen Situation. Es gibt aber auch Unis, welche ihren Studierenden Auslandaufenthalte im Moment gar nicht erlauben.
Trotz des Fernstudiums und der Einschränkungen seien sie in der Schweiz nicht einsam, betonen sowohl die Israelin als auch der Ire. Auch wenn das mit dem Ausgang natürlich schon anders laufe als erhofft, sagt Jack: «Dass es keine Partys gibt, ist schon sehr schade. Aber in der Studierendenunterkunft, in der ich wohne, sind am Abend immer zwei, drei Leute in der Küche. Deswegen ist es nicht bloss still und langweilig.»
So sieht das auch Areen. Feiern gehen sei sowieso nicht ihr Ding. Aber neue Leute und Orte kennenlernen, welche sie zum Malen und Fotografieren inspirieren, dieser Wunsch sei in Erfüllung gegangen: «Ich treffe hier nicht nur Leute aus der Schweiz, sondern auch aus Deutschland, Frankreich, Schottland oder der Türkei. Ich lerne hier sozusagen mehrere Länder und Kulturen in einem Land kennen. Diese Erfahrung ist nicht nur wertvoll für meinen Lebenslauf, sondern bringt mich auch als Person weiter.»
Und dann komme hier in Luzern auch noch die schöne Kulisse hinzu, schwärmen beide. «All die Berge, das sieht aus wie in einem Film!», meint Jack. Für das halbe Jahr in der Schweiz sind die beiden sehr dankbar – trotz der Einschränkungen aufgrund der Coronapandemie.
ESN (Erasmus Student Network) ist eine internationale Organisation, welche unter dem Prinzip «Studierende helfen Studierenden» agiert. ESN Luzern organisiert daher jedes Semester Events, Ausflüge und weitere Aktivitäten für die rund 160 Austauschstudierenden in Luzern. Durch unser Buddysystem bieten wir den Austauschstudierenden ausserdem an, einen lokalen Mentor oder eine lokale Mentorin zu bekommen, welche*r ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht und die Stadt Luzern etwas näherbringt. Falls du auch Lust hast, Mentor*in für einen oder mehrere Austauschstudis zu werden, melde dich einfach bei luzern@esn.ch!