Die Mensa der Universität Luzern soll preisgünstige Menüs für Studierende anbieten. Veganer*innen und Allergiker*innen werden jedoch zur Kasse gebeten: Das Angebot für sie ist mangelhaft. Zudem hinkt es den eigenen Nachhaltigkeitsprinzipen hinterher. Schliesslich wird die Verantwortung den Konsumierenden zugeschoben.
Hannah Göldi, Kulturwissenschaften
Als in der Cafeteria der Mensa im vorletzten Semester endlich Mandelmilch zum Kaffee bestellt werden konnte, freuten sich meine Kommiliton*innen. Auch ich erfreute mich an dem kleinen Schritt. Damals war ich Vegetarierin, versuchte aber bereits, den Konsum von Milchprodukten einzuschränken. Mit dieser Absicht stiess ich bei der Menüauswahl bereits an meine Grenzen. Nur ein- bis zweimal in der Woche enthielt das Vegi-Menü weder Rahm noch Käse und wenn ich mich deshalb ans Buffet wendete, sprengte es mein tägliches Budget. Wer satt werden will, der oder dem reicht eine Zehnernote meist nicht aus – auf dem Display an der Kasse werden eher zwölf als, wie bei der Wahl des Vegi-Menüs, CHF 5.50 angezeigt. Deswegen stand nach ein paar Wochen fast ausschliesslich mikrowellenerwärmtes Mitgebrachtes auf dem Menüplan.
Fast keine Siegel auf dem Menüplan
Die Mensa ist ein wichtiger Bestandteil des Universitätsbetriebs. Sie ist zuständig für die Verpflegung mehrerer tausend Studierenden und Universitätsmitarbeitenden. Ihre Verantwortung ist aus gesundheitlicher, aber auch aus ökologischer Sicht nicht zu unterschätzen. Trotz den bekanntlich massiven Auswirkungen von Tierprodukten auf das Klima steht täglich ein Fleischgericht auf dem Plan. Auf Milchprodukte wurde nicht einmal in der Nachhaltigkeitswoche verzichtet. Zunehmend beschwerten sich aber auch laktoseintolerante Kommiliton*innen über das mangelnde Angebot. Aus diesen Gründen beschloss ich, den Betrieb etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Dafür analysierte ich zunächst während vier Wochen dieses Semesters die Menüauswahl. Die Mensa bietet täglich ein Fleischmenü an, fast immer wird die Schweiz als Herkunftsland angegeben. Von den jeweils unten am Menüplan aufgeführten Siegel (laktosearm, glutenarm, CO2-freundlich etc.) war lediglich einmal das Zeichen für laktosearm abgebildet. Das heisst also, die Gerichte sind immer laktose- und glutenhaltig, ausser bei ersterem eben, wenn sie vegan sind. Dies waren die Vegi-Menüs in immerhin 40 Prozent der Fälle. Ausweichen auf das Buffet kommt aufgrund der Coronapandemie nicht infrage. Wenn wir schon dabei sind: Von den Auswirkungen der Pandemie ist natürlich auch der Mensa-Betrieb nicht ausgeschlossen. Doch das Angebot ist überall reduziert. Es geht aber auch inklusiver: die verschiedenen Mensas der Universität Zürich bieten im Moment nur noch zwei Menüs an (statt wie sonst vier): Ein Fleischmenü und ein veganes Menü.
Universität hält sich raus
«Der Universität ist es ein grosses Anliegen, ihren Angehörigen eine gute Verpflegung zu einem attraktiven Preis anzubieten» sagt Lukas Portmann, Medienverantwortlicher der Universität Luzern. Der Betrieb der Mensa sei zwischen der Betreiberin, also der Compass Group Schweiz und der Universität vertraglich geregelt. Die Regelungen betreffen primär finanzielle und organisatorische Aspekte. Für das Essensangebot seien die Wünsche der Kundinnen und Kunden massgebend. Trotzdem sei Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema, betont Portmann. Bestrebungen seitens der Universität beschränken sich aber auf den Betrieb des Universitätsgebäudes, die Anreise der Studierenden (meist durch ÖV und es gibt keine Parkplätze) und auf die Teilnahme an der Nachhaltigkeitswoche. Eine spezifische Berücksichtigung von Esspräferenzen, wie eben der Verzicht auf Milchprodukte, scheinen nicht Teil der Vereinbarung zu sein.
Verantwortlich auf den ersten Blick
Die Kantine der Universität Luzern wird von der Compass Group betrieben, dem grössten Catering Unternehmen der Welt. In der Schweiz verfügt es über 152 Standorte und verteilt etwa 9 Millionen Mahlzeiten pro Jahr. Im Bereich «Scolarest» verpflegt die Compass Group Schulen und Universitäten. Der Betrieb scheint sich seiner Verantwortung angesichts seiner Grösse in einem ersten Schritt bewusst zu sein. Insofern scheinen faire Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeitsziele an oberster Stelle zu stehen. Für letzteres arbeiten sie mit Eaternity zusammen, einer Organisation, die sich mit der Messung des ökologischen Fussabdrucks von Gastronomiebetrieben beschäftigt. Menüs, die mit dem Eaternity-Siegel ausgestattet sind, wären der Organisation zufolge besonders klimafreundlich. Auch auf den Menüplänen der Unilu gibt es dieses Siegel in der Legende. Nur wurde es erst ein einziges Mal auf den Menüs abgebildet: in der Nachhaltigkeitswoche.
Die Compass Group hat zum Ziel gesunde und «pflanzenzentrierte» Menüs anzubieten. Durch meine Recherche stoss ich auf einen älteren Bericht von Eaternity (2014) in der sich der ehemalige CEO der Compass Group Frank Keller zu ihrer Zusammenarbeit äusserte: «The market increasingly demands solutions that implement sustainability. At the Compass Group we want to actively support our clients in achieving their sustainability goals.» Umweltbewusstes Wirtschaften steht also nicht prinzipiell an oberster Stelle. Jetzt, wo die Kund*innen sich für «sustainability goals» einsetzten, ist es auch in Kellers Interesse.
Compass Group bleibt stumm
Ich wollte über die wöchentliche Menüplanung sowie über den aktuellen Stand der Nachhaltigkeitsbestrebungen Bescheid wissen und rief bei Kilian Murpf, dem Betriebsverantwortlichen des Standortes Universität Luzern an. Er dürfe mir keine Auskunft geben und leitete mich an die Leitung der Compass Group Schweiz weiter. Drei Anrufe, fünf Tage und zwei Voicemails später erwischte ich die Medienverantwortliche Silvia Zysset am Telefon. Auf ihre Bitte hin, sandte ich ihr die Fragen dann doch per E-Mail. Ihre Stellungnahme ist noch ausstehend, wird aber in Form eines Updates demnächst auf der Lumos-Seite zu finden sein.
Insgesamt lässt sich also sagen, dass die Universität, wie auch die Compass Group die Verantwortung auf die Konsument*innen schiebt. Was, wenn die Menüs für Bedürfnisse bestimmter Gruppen aber gar nicht zur Auswahl stehen? Die Studierenden seien durch die SOL in der Mensa-Kommission vertreten, so Portmann. Gibt es also keine weiteren Bestrebungen, weder von der Universität, noch von uns Studierenden, noch von der Mensa-Betreiberin in Richtung allergiker-, tier- und klimafreundlicheren Angeboten?