Studentenverbindungen liegen für die meisten Studierenden nicht im Zentrum ihres Unialltags. Es herrschen oft Klischees von ungebremstem Bierkonsum und konservativem Gedankengut – insofern man denn überhaupt schonmal etwas vom Thema gehört hat. Doch was hat es mit alldem auf sich? Gemeinsam mit Iwan Betschart, im Herbstsemester 2019 Präsident der Akademischen Verbindung Semper Fidelis, wollen wir etwas Licht ins Dunkel bringen.
Reto Walpen, Philosophy, Politics and Economics
«Eines muss man vorwegsagen: Es gibt bei uns keinen Trinkzwang», stellt Iwan Betschart schon recht früh in unserem Gespräch klar, um dem wohl am weitesten verbreiteten Vorurteil entgegenzutreten. Und er geht noch weiter: «Zu betrunken zu sein, ist gar verpönt». Ist dieses Thema nach wenigen Zeilen also schon abgehakt?
Nicht ganz. Denn völlig grundlos existiert dieses Klischee der Studentenverbindungen, von denen es an der Uni Luzern vier aktive gibt, nicht. Wie der Geschichtsstudent nämlich erzählt, spielt sich doch ein Grossteil des Vereinslebens am Stammtisch bei einem kühlen Bier ab. Man trifft sich regelmässig zu grossen oder kleinen Runden, sei dies nun in Luzern oder zu Besuch bei anderen Verbindungen in der ganzen Schweiz. Die «Semper» waren dabei im Herbstsemester 2019 – dem 353. seit der Gründung 1843 – unter anderem in Zürich, Basel und gar im Walliser St. Maurice.
Doch reist man nicht nur umher, um andere Studierende zu treffen. Auch was die Uni betrifft soll die Verbindung ihre Mitglieder fördern, wie Betschart erklärt. Dies war bei ihm der ausschlaggebende Punkt beizutreten: «Ich war anfangs eher introvertiert und kannte mich an der Uni kaum aus. Der Infostand am ersten Tag hat mich dann überzeugt vorbeizuschauen. Es wurde mir angeboten, mir in den ersten Wochen etwas beizustehen, was mir beim Einstieg in den Studienalltag wirklich geholfen hat.» Auch ausserhalb des Studiums wollen die Semper ihren Hirnschmalz nicht unterfordern. Regelmässig werden dafür wissenschaftliche Anlässe organisiert. Sei dies nun eine Tour durch die grösste Zivilschutzanlage der Schweiz, geschichtliche Vorträge oder eine Besichtigung des Luzerner Wasserturms.
Mannigfaltige Mitglieder
Einigen Lesern wird mittlerweile aufgefallen sein: Von den «Sempern» spricht man stets nur in der männlichen Form – und dies nicht etwa aus Unachtsamkeit des Autors. Denn die Semper Fidelis gehört nebst der Zofingia zu denjenigen Luzerner Studentenverbindungen, die nur männliche Studenten aufnehmen. Ist das nicht arg rückständig? Bei den zwei anderen Platzverbindungen, der AV Waldstättia und der AV Gundoldinger, sind nämlich auch Frauen willkommen. «Das ist traditionsbedingt. Früher durften nur Männer studieren. Als dann auch Frauen zum Studium zugelassen wurden, blieben die Semper bei ihrer Tradition, nur Männer aufzunehmen», so Betschart. Trotz dieses konservativen Hintergrunds besteht die AV Semper Fidelis aber nicht bloss aus bürgerlichen Spiessern. Die Semper stehen politisch überall von links bis rechts, stammen aus allen Schichten und Hintergründen.»
Wie können interessierte Studierende einem dieser Vereine nun beitreten? «Ganz einfach», sagt Betschart: «Wie bei den anderen Verbindungen kann man auf unserer Webseite, auf Facebook oder auch per Mail einfach Kontakt mit uns aufnehmen, worauf man an einen Anlass eingeladen wird. Man kann sich so selbst ein Bild machen, herausfinden, ob es einem gefällt und vielleicht auch dabeibleiben, wenn man will.»
Wessen Interesse also geweckt worden ist, soll sich nicht scheuen.