«Mindestens elf Tote bei neuem Terroristenangriff in Burkina Faso», titelte die Aargauer Zeitung und «Jeder zweite Mensch in Simbabwe von Hungersnot bedroht», verkündete Der Standard. «100’000 Kinder in der Schweiz wachsen in Armut auf», hiess es bei SRF Online. Umgeben von solchen Schlagzeilen entsteht doch der Eindruck: Mit der Welt, mit der scheint es abwärts zu gehen; früher war halt alles besser. Um dieser Ansicht Gegensteuer zu bieten, fokussiert sich unser Autor mal ganz gezielt auf die positiven Entwicklungen seit der Jahrtausendwende.
Mateo Landolt, Philosophy, Politics and Economics
1. AIDS-Todesfälle halbiert
Noch vor 20 Jahren gab es laut UNAIDS weltweit schätzungsweise 1,4 Millionen AIDS-Tote pro Jahr. Nach einem Anstieg bis ins Jahr 2004 sank die Anzahl Todesfälle seither stark. Im Jahr 2018 starben mit 770 Tausend Opfern knapp halb so viele Menschen wie zur Jahrtausendwende und fast eine Million Menschen weniger als im Jahr 2004. In der Schweiz gab es 2018 zum zweiten Mal seit Führung der Statistik weniger als 500 HIV-Neuansteckungen. Durch Prävention, vermehrtes Testen und Medikamente nehmen die Zahlen stetig ab.
2. Friedlicheres Europa
Laut den Zahlen des «Uppsala Conflict Data Program» und des «Peace Research Institute Oslo» sind in Europa zwischen 2000 und 2016 die Zahl der jährlichen Kriegstoten um rund zweieinhalb Tausend auf 465 Opfer zurückgegangen. Die Statistiken erweisen sich dabei aber als ziemlich wellenförmig und decken sich nicht mit der globalen Entwicklung. Während nämlich in Nord- und Südamerika gar ein Rückgang um das Zehnfache stattgefunden hat, so gab es weltweit 2016 zehntausend Kriegstote mehr als im Jahr 2000. Besonders der Mittlere Osten sorgte mit knapp zwei Dritteln aller Toten für eine schlechte Bilanz.
3. Ozonloch so klein wie noch nie
Die Politik ist in der Vergangenheit immerhin ein Umweltproblem erfolgreich angegangen: Nach der Entdeckung des Ozonlochs 1985 wurde nur zwei Jahre darauf mit dem Montrealer Umwelt-Protokoll die Weiche gestellt, um die Ozonschicht wieder zu schliessen. Diese Ozonhülle, die uns unter anderem vor Hautkrebs und Grauem Star schützt, geriet durch den menschlich bedingten Ausstoss bestimmter Chemikalien in Gefahr. Etwa die als Kühlmittel verwendeten FCKW wurden deshalb verboten. Im Jahr 2000 war das Ozonloch laut NASA etwa so gross wie Russland und Brasilien zusammen. Mit massiven Schwankungen über die Jahre ist die Schutzhülle 2019 auf die vergleichbare Landfläche Chinas geschrumpft.
4. Weniger atomare Sprengköpfe
Zugegeben: Nukleare Abrüstung muss im Sinne des Friedens nicht per se positiv sein. Doch ist man sich den Gefahren von Atomwaffen im Klaren, so ist weniger intuitiv mehr. Hier setzte ab 1987 ein klarer Abwärtstrend ein, als ein Vertrag zwischen der damaligen UdSSR und den USA in Kraft tritt. Die «Federation of American Scientists» geht zwischen dem Millennium und 2014 von einem Rückgang nuklearer Sprengköpfe von rund 23 Tausend auf rund 10 Tausend aus. Trotz dieser klaren Tendenz gab es im letzten Jahr einen Rückschlag. Die USA kündigten den Abrüstungsvertrag auf, weil sich Russland offenbar nicht an die Abmachungen hielt.
5. Schnitt für Schnitt Erbgut verändern
Die CRISPR/Cas-Methode gilt als der wissenschaftliche Fortschritt der letzten Jahre schlechthin. Sie eröffnet uns die Möglichkeit, einzelne Gene – also Teile der DNA – gezielt zu verändern. 2012 zeigten Forscher um Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier, dass ein von Bakterien natürlich eingesetztes Verfahren vom Menschen angewendet werden könnte. DNA-Stränge von Pflanze, Tier und Mensch lassen sich mit dem Cas9-Protein durchschneiden. Damit wird ein gewünschtes Gen gezielt blockiert oder durch den Einbau weiterer Bausteine verändert. Obwohl die Gefahr besteht, dass etwa menschliche Antigene abstossend auf solche Eingriffe reagieren, so birgt CRISPR in der Landwirtschaft oder der Bekämpfung von Erbkrankheiten enormes Potenzial.
6. Analphabetenrate weiter gesunken
Im Jahr 2016 waren vierzehn Prozent der Weltbevölkerung ab dem Alter von 15 Analphabeten. Laut einer Zusammenstellung von «Our World in Data» ist diese Zahl seit der Jahrtausendwende um vier Prozent gesunken. Wer noch weiter zurückblickt, sieht den deutlichen Vormarsch der Bildung: Noch in den 40er Jahren konnte die Mehrheit der Weltbevölkerung weder lesen noch schreiben.
7. Weniger extreme Armut
Während 1999 noch 1,7 Milliarden Menschen unter extremer Armut litten, waren es vor vier Jahren bereits eine Milliarde weniger. Bis in die 80er-Jahre ist der Anteil seit Beginn der Statistik 1820 kontinuierlich gestiegen. Das belegen die Zahlen von «Ravallion» und der «Weltbank». Als in extremer Armut lebend gelten Personen, die mit weniger als 1,90 Dollar pro Tag auskommen müssen. Dieser Wert ist preis- und inflationsbereinigt.
8. Fortschritte bei E-Flugzeugen
Vor zwanzig Jahren steckte die E-Mobilität bei Autos noch in den Kinderschuhen und jene bei Flugzeugen wohl noch in Babysöckchen. Bisher wurden kerosinbetriebene Flugzeuge zwar energetisch sparsamer, was die immer höheren Passagierzahlen jedoch wieder ausglichen. Im letzten Jahrzehnt hat sich bei elektrisch angetriebenen Fliegern aber einiges getan. Die grossen Hersteller wie Airbus und Boeing sind mit der Entwicklung von Kurzstreckenflugzeugen beschäftigt. Im Bereich der Kleinflugzeuge gibt es bereits valable Modelle: Die Accel von Rolls-Royce soll bereits in diesem Jahr für den britischen Luftraum zugelassen werden und laut «Ingenieur.de» die Entfernung zwischen Paris und London zurücklegen können.
9. Einsparungen durch Digitalisierung
Wird auf die Entwicklung zwischen 2000 und heute geschaut, so darf die Veränderung durch digitale Geräte und das Internet natürlich nicht fehlen. Was klar ist: Der Staat und damit die Steuerzahlenden sparen durch die Digitalisierung viel Geld, das sie für andere Zwecke einsetzen können. Dies belegen Zahlen aus Grossbritannien. Zwischen 2012 und 2015 hat das Königreich gemäss Regierungsstelle dank der Technologisierung und Digitalisierung 4,54 Milliarden Franken eingespart. Mit dieser Summe könnten knapp 15 Tausend neue Ferraris gekauft werden.
10. Zugang zu tertiärer Bildung gestiegen
Zu Beginn des Jahrtausends schrieb sich
weltweit ein weitaus kleinerer Teil der Abschliessenden einer Sekundarschule an
einer Hochschule oder Universität ein als im Jahr 2014. Neben den
Industrieländern hat sich auch in ärmeren Regionen etwas getan: Im Mittleren
Osten und Nordafrika stieg der prozentuale Anteil Studierender laut «Weltbank»
von 20 auf rund 36 Prozent. In Südasien betrug die Zunahme rund zwölf, in
Lateinamerika und der Karibik gar 22 Prozent.