Vier Seen, drei Kantone und ein Pass

Das Wandern gilt in der Schweiz als Volkssport. Dank Instagram & Co hat der Wandersport einen weiteren Beliebtheitsschub erhalten. Die Vier-Seen-Wanderung von Melchsee-Frutt nach Engelberg bietet ein schönstes Bergpanorama und ist auch für ungeübte Wandervögel machbar. 

Sophie Küsterling, MA Politikwissenschaften (Text & Fotos)

Blick auf den Melchsee.


Es ist ein grauer aber warmer Julimorgen, als wir uns auf den Weg nach Melchsee-Frutt begeben. Nicht zum Skifahren, sondern um die Vier-Seen-Wanderung zu machen, die zu den schönsten Wanderungen der Zentralschweiz zählt.  

So stehen wir also am Bahnhof Luzern und warten auf den Zug nach Sarnen, von wo aus wir mit dem Postauto zur Stöckalp und dann mit der Gondel hoch zur Bergstation Melchsee-Frutt fahren werden. Die Anzahl Menschen in Wandertenue, die mit uns in Sarnen auf das Postauto warten, bereitet uns ein wenig Sorgen und wir befürchten, eine dichtbewanderte Tour vor uns zu haben.  Dem ist aber nicht so. Der Melchsee ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer, Touristen, Angler und Familien. Wer dort wandern will, findet eine Vielzahl von Möglichkeiten und so verteilen sich die Wandervögel auf die verschiedenen Routen.  

Die Vier-Seen-Wanderung verläuft entlang – wie es der Name schon verrät – vier Bergseen und durch die Kantone Obwalden, Bern und Nidwalden. Sie gilt punkto Anforderungen an Kondition und Technik als mittelschwer, man kann das einzig anstrengende (sprich: steile) Stück über den Jochpass aber auch getrost mit dem Sessellift machen.  

Auf der Melchsee-Frutt angekommen, ist der Temperaturunterschied deutlich zu spüren. Da die Sonne nicht scheint und ein leichter Wind geht, ist es ziemlich frisch. Die kurzen Hosen hatten wir wohl etwas voreilig gewählt. Zu Beginn führt uns eine geteerte Strasse dem Melchsee entlang, bis man kurz vor der Kapelle links in einen Wanderweg einbiegt. Von dort aus führt ein Kies- und teilweise Holzweg über Wiesen hin zum zweiten See, dem Tannensee. Der Tannensee ist wie der Melchsee zu einem Stausee ausgebaut, welche das Elektrizitätswerk Obwalden zur Stromproduktion nutzt.  Der Tannensee ist besonders bei Anglern beliebt, denn es tummeln sich sechs verschiedene Arten von Forellen sowie Saiblinge darin. Die Wanderroute führt rechts um den See herum, man könnte jedoch auch die geteerte Strasse um das linke Seeufer herum nehmen. Wer schon frühmorgens unterwegs ist, hat hier gute Chancen, Murmeltiere zu sehen. 

Auf dem Holzweg zum Tannensee.

Nach dem Tannensee führt der Wanderweg weiter an einer kleinen Häusersiedlung, der Tannalp, vorbei. Dort treffen wir auch wieder einige Touristen mit ihren Selfie-Sticks und Flip-Flops an. Nach der Tannalp führt der Weg entlang der markanten Spycherflue zur Engstlenalp. Rechts geht es steil nach unten, der Weg ist jedoch relativ breit und teilweise auch mit Seilen an der Felswand gesichert. Auch Personen mit Höhenangst sollten diesen Teil ohne Probleme meistern können. 

An der Spycherflüe.

Die Engstlenalp ist eine noch kleinere Ansammlung von Häusern und einem Hotel-Restaurant. Bis zum Engstlensee ist es von hier aus nur noch ein kurzes Stück. Mit seinem tiefen Blau ist er ungelogen das Highlight der Tour und wir entschliessen uns, am Ufer unsere Mittagspause einzulegen. In der Ferne hören wir Murmeltiere pfeifen, sehen können wir sie aber nicht. Wir entschliessen uns, hier die Mittagspause einzulegen und holen die Champagnerflasche aus dem Rucksack, wir feiern meinen Geburtstag nach.  

Danach geht es links am Engstlensee entlang steil nach oben zum höchsten Punkt der Wanderung, dem Jochpass (2’222 m ü. M.). Hier kommen wir das erste Mal auf der bislang eher gemütlichen Wanderung ins Schwitzen. Wem die Kondition nicht reicht, kann es auch den vielen Mountainbikern gleich tun und den Sessellift hoch nehmen. Auf dem Weg nach oben lohnt es sich, einen Blick zurück auf den Engstlensee und das Bergpanorama dahinter zu werfen. Wir sehen nun auch, dass von Melchsee-Frutt her eine Gewitterfront am aufziehen ist. Wir entschliessen, uns zu beeilen, denn auf dem Jochpass steht ein Gasthof – die einzige Möglichkeit uns vor dem Wetter in Schutz zu bringen. Obwohl es bereits Juli ist, liegt noch immer etwas Schnee und wir müssen ein Schneefeld überqueren. 

Oben angekommen, hat uns das Wetter mittlerweile eingeholt. Es fängt an zu Regnen, es blitzt und der Donner grollt in immer kürzeren Abständen. Eine Windböe ist so stark, dass sie mich einige Schritte nach links drückt. Dann fängt es auch noch an zu Hageln. Nach dem Spurt zum „Bärghuis Jochpass“ gönnen wir uns gemeinsam mit anderen vom Wetter überraschten Wanderern und Mountainbikern ein heisses Getränk und warten ab, bis das Gewitter wieder abzieht. Nach etwa einer Stunde ist das Schlimmste vorbei und wir entschliessen uns den Sessellift nach unten zum Trübsee zu nehmen. Auf dem Weg zum Sessellift läuft uns ein Einheimischer entgegen, wirft einen kurzen Blick auf unsere kurzen Hosen und meint lakonisch: „Ist kühl geworden, nicht?“  Wir lachen betreten und frieren auf der ganzen Fahrt zum Trübsee runter. Ein Fehler, diese kurzen Hosen. 

Am Trübsee angekommen, treffen wir seit langem wieder mal auf Touristen, die auf ihrem Weg zum Titlis einen Abstecher machen. Im mit Gletscherwasser gespeisten See könnte man theoretisch Baden oder ein Ruderboot mieten, uns ist nach beidem nicht zu mute und wir wollen nur noch in die Wärme. So nehmen wir die Titlisbahn runter nach Engelberg (man kann auch runter wandern), wo uns strahlender Sonnenschein und Wärme empfängt. Vom Kiosk am Bahnhof holen wir uns ein Bier und nehmen den Zug zurück nach Luzern. Wir setzen uns in den Globi-Express, einen Bahnwagen, der ganz und gar Globi gewidmet und  dementsprechend auch mit Globi-Büchern ausgestattet ist. Natürlich lesen wir ein Buch – Globi und der Goldraub – und amüsieren uns prächtig. Die Kälte und Strapazen der letzten Stunden sind vergessen. Wer will, kann anstatt Globi-Bücher lesen, auch die Landschaft geniessen. Die ist auch ziemlich toll. 

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