Liebe Studis
Während der letzten zwei Jahre fanden vermehrt Diskussionen statt über den Weg zurück zur Normalität. Der Bundesrat sprach in dem Zusammenhang in seinem Drei-Phasen-Modell der Krisenbewältigung von der «Normalisierungsphase». Wie das genau zu verstehen ist – zurück zu etwas zu finden – scheint interessant und verwunderlich. Wenn nicht sogar unmöglich. Andere sprachen davon, in eine neue Normalität zu finden. Die Normalität wird zum Sehnsuchtszustand. Was ist also normal? Eine Krise scheint im allgemeinen Verständnis nicht normal zu sein. Doch selbst das wird in Anbetracht der jüngsten Geschichte mindestens fragwürdig.
Die Normalität ist einer der umkämpftesten Begriffe des Diskurses der letzten Jahrzehnte. Schon nur wenn an Klima- oder Diversitätsdiskussionen gedacht wird. Manche sehen darin eine Kriegserklärung an die veraltete Gesellschaftsordnung. Denn normal kann etwas nur in Abgrenzung sein. In Abgrenzung zu etwas abnormalem. Eventuell geht es sogar eher darum: Was ist abnormal und muss dementsprechend korrigiert werden? Muss es das überhaupt? Die Grenze verschiebt sich stetig und steckt einen gewissen Bereich ab. Aber welchen? Ist nicht alles irgendwie normal, oder ist sogar alles abnormal? Die Normalität steckt scheinbar selbst in einer Krise. Ist der Begriff überholt?
Nun ja. Er erscheint zumindest suspekt. Trotzdem scheint es uns sinnvoll, hier einigen Normen zu folgen. Wir drucken unser Heft in DIN A4 und halten uns an die deutsche Grammatik und Rechtschreibung. In unseren Statuten sind sogar selbst gesetzte Normen, zum Beispiel zu gendergerechter Ausdrucksweise oder zu Anti-Diskrimierung, verankert. Diese Art der Normsetzung wird von manchen als progressiv verstanden. Schwingen wir etwa doch einfach von einer Normalität in die nächste?
Die verschiedenen Artikel dieser Ausgabe beschäftigen sich mit diesen und vielen weiteren Fragen in Bezug auf alltägliche, aussergewöhnliche und universitäre Themen.
Wir wünschen euch viel Spass beim Lesen der neuesten Ausgabe vom Studimagazin Lumos!
Eure Chefredaktion
Selina Meier und Anton Kuzema