Unser Studium war eine Zeit lang vollständig digitalisiert und der Alltag von Studierenden, Dozierenden und alle anderen Mitarbeiter*innen der Universität erschüttert. Diese Zeit brachte uns aber auch eine Reihe von lustigen oder ungewöhnlichen Situationen. Eine persönliche Einschätzung.
Adriana Zilic, MA Gesellschaft- und Kommunikationswissenschaften
Unerwartete Begegnungen
Privates und studentisches Leben verschmolzen, als sich Unterricht, Sitzungen und Veranstaltungen aus der Universität auf den Bildschirm verlagerten. So konnten wir einen Blick in die Häuser unserer Mitstudierenden werfen. Manchmal gab es überraschende Begegnungen mit Familienmitgliedern oder Mitbewohnenden, die den Stundenplan vergessen hatten und das Zimmer nicht betreten sollten. Manchmal sogar mit Gästen, die zu früh kamen.
Natürlich fehlte es auch nicht an Vierbeinern, die versuchten, aktiv am Unterricht teilzunehmen. Es gab Katzen, die sich freuten, dass ihr*e Besitzer*in zu Hause war, und die neugierig waren, wer ihnen denn jetzt die ganze Aufmerksamkeit stiehlt. Auch mit gefiederten Freunden, wie einem Papagei, der während der gesamten Präsentation damit beschäftigt war, sich lautstark bemerkbar zu machen und eine unglückliche Studentin zu unterbrechen, machten wir Bekanntschaft.
Fusion der Lebenssphären
Diese ganze Situation der Überschneidung von privatem und nicht-privatem Leben spiegelte sich auch in der Kleidung wider, die metaphorisch dieses Halb-und-Halb darstellt. Dabei war wobei alles über der Gürtellinie öffentlichkeitstauglich, während die untere Hälfte mit Bermudas und Pantoffeln „wohliges Zuhause“ vermittelte. Mal ganz abgesehen von unseren eigenen Outfit hat wohl jeder mal versucht, sich bei neuen Bekanntschaften vorzustellen, wie die Leute, mit denen wir studieren, eigentlich von den Schultern abwärts aussehen. Dieses Rätsel konnten wir lösen, sobald wir zurück an die Uni gingen und wir all denen einen Körper geben konnten, die für uns zuvor nur Köpfe in einem virtuellen Fenster waren.
Virtuell ist möglich, doch auch komplettes Ersatzpotential?
Wahrscheinlich fiel es vielen schwer, neue Kontakte zu knüpfen, da wir uns nicht persönlich treffen konnten. Das nahm uns die Möglichkeit, miteinander eine Kaffeepause zu verbringen, gemeinsam zu essen, sowie Forschungsideen und Studitipps auszutauschen. Auch die kleinen, alltäglichen Interaktionen, wie die Begrüssung bei der Ankunft im Unterrichtsraum oder jemanden wieder zu treffen, den wir in einem anderen Kurs kennenlernten und aus den Augen verloren haben, fehlten. Ausserdem wurden alle Veranstaltungen und Partys, die für Studierende organisiert wurden, gestrichen, was uns umso mehr isolierte.
Durch diese Erfahrung haben wir einerseits erkannt, dass es Mittel und Möglichkeiten gibt, virtuell zu studieren, und das hat in mancher Hinsicht eine Reihe von Vorteilen mit sich gebracht. Denjenigen, die weit von der Universität entfernt wohnen, blieben täglich mehrere Stunden Fahrt erspart und viele waren wahrscheinlich auch einfach dankbar, dass sie während den grauen, kalten Tagen zu Hause bleiben konnten. Andererseits haben wir festgestellt, dass es sich um eine völlig andere Studienerfahrung handelt als wir sie beim klassischen Präsenzstudium machen. Das Online-Studium kann die Interaktion mit anderen Studierenden und Dozierenden einschränken, so dass im Laufe der Zeit die Vorlesungen und Seminare immer aseptischer und steriler werden.
Einige Vorteile nutzen wir heute noch und werden wir wahrscheinlich auch in Zukunft nutzen, z.B. können kurze Meetings auch online durchgeführt werden. Aber für die menschliche Interaktion und einige Seminare, die auf Diskussionen und Gruppenarbeit aufgebaut sind, denke ich, sind wir alle froh, dass wir wieder die Räume der Uni füllen können.