Wir leben in einer Welt, die der Selbstdarstellung in den sozialen Netzwerken eine grosse Bedeutung zumisst. Dies geschieht längst nicht mehr nur im Privaten, sondern hat auch im Arbeitsleben Einzug gehalten.
Patricia Stöckli, Soziologie
Das Karrierenetzwerk LinkedIn hat in den letzten Jahren einen grossen Aufschwung erlebt und gilt mit über 810 Millionen Nutzer*innen als das weltweit erfolgreichste Business-Netzwerk. Im Verhältnis dazu zählt die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) rund 17 Millionen Nutzer*innen. Dieser neue Hype erscheint gar nicht mehr so neu, wenn man bedenkt, dass die LinkedIn-Plattform mit ihrem Gründungsjahr 2002 älter als Facebook, Twitter und Instagram ist.
Aus Neugier habe ich vor drei Jahren ein Profil erstellt und mich auf der Plattform etwas umgeschaut. Bereits nach kurzer Zeit hat sich mein Interesse jedoch verflüchtigt, bis ich die App sogar von meinem Smartphone gelöscht habe. Rückblickend scheint mein Desinteresse damit im Zusammenhang gestanden zu haben, dass ich am Anfang meiner Studienzeit stand und die Jobsuche noch in weiter Ferne lag. Genau dies ist der Knackpunkt des Ganzen: LinkedIn ist eine Plattform für Stellensuchende, Berufs- und Geschäftskontakte. Angesichts dessen stellt sich die Frage: Wie wichtig ist ein LinkedIn-Account im Berufsleben?
Dem Berufseinstieg etwas unter die Arme greifen
Für den Einstieg in die Berufswelt nach dem Studium kann LinkedIn hilfreiche Tools bieten. Zum einen wird die Plattform von Unternehmen genutzt, um Stellenangebote zu veröffentlichen. Anhand von deinen Profildaten und Aktivitäten, also beispielsweise welchen Personen und Unternehmen du folgst, zeigt dir LinkedIn mögliche Stellenausschreibungen an, die dich interessieren könnten.
Zum anderen nutzen Personalvermittler*innen und Headhunter*innen die Plattform proaktiv. Es heisst, dass ein passendes LinkedIn-Profil die Möglichkeit birgt, von solchen angeschrieben zu werden. Headhunter*innen sind Personen, die aktiv nach den besten Kandidat*innen für offene Stellen suchen. Dies scheint jedoch vor allem für diejenigen interessant zu sein, die bereits mitten im Berufsleben stecken, ein beachtliches Netzwerk aufgebaut haben und beispielsweise einen neuen Job in Betracht ziehen. Wenn du jedoch auf Stellensuche bist, dann wirst du selbst aktiv die Portale durchforsten und Firmen anschreiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass du genau während dieser Zeit von einem oder einer Headhunter*in gefunden und angeschrieben wirst, hält sich leider in Grenzen.
Für wen sich LinkedIn lohnt
Für jene, die eine Karriere im internationalen Bereich anstreben, lautet die Empfehlung LinkedIn. Im deutschsprachigen Raum hat LinkedIn jedoch einen starken Konkurrenten: nämlich Xing. Mit ihrem Fokus auf die DACH-Region bietet die deutsche Plattform Xing die Möglichkeit, sich beruflich auf einer lokalen Ebene mit Kontakten und Unternehmen zu vernetzen. Im Vergleich zu LinkedIns 17 Millionen Nutzer*innen in den deutschsprachigen Ländern, zählt Xing über 20 Millionen. Ob man sich für LinkedIn oder Xing entscheidet, oder für beide, ist abhängig davon, in welche Richtung die eigene Karriere gehen soll.
Hinzu kommt, dass LinkedIn nicht in der ganzen Bandbreite möglicher Berufsbereiche gleich stark vertreten ist, sondern vor allem in den Branchen Marketing, Industrie, IT und Finanzen vorherrscht. Eine Untersuchung von LinkedIn hat beispielsweise gezeigt, dass zu Jahresbeginn 2021 in Deutschland die IT-Branche den ersten Platz belegt, hinsichtlich der Anzahl Stellenausschreibungen für Berufseinsteiger*innen auf der Plattform. Dicht gefolgt von den Bereichen verarbeitendes Gewerbe und Transport und Logistik. Die Branche Medien und Kommunikation hat es in der Top 10 der Branchen für den Karrierestart auf den fünften Platz geschafft.
Zwischen Selbstvermarktung und Networking
Wenn du dich dafür entscheidest, ein LinkedIn-Profil anzulegen, solltest du dich darum bemühen, es interessant zu gestalten und es zu pflegen. Von meiner Vorgehensweise ist also eher abzuraten. Wichtig ist insbesondere ein vollständiges, grammatikalisch korrekt und professionell gestaltetes Profil. Im Grossen und Ganzen ist LinkedIn von reinem Selbstmarketing geprägt, in dem versucht wird, die Arbeitsmarktfähigkeit zu verbessern.
Das andere nennt sich Networking: Da LinkedIn ein Facebook für Berufskontakte ist, ist ein Netzwerk aus Mitstudierenden ohne berufliche Referenzen weniger sinnvoll, weil auf diese Weise keine Recruiter*innen auf dich aufmerksam werden. Es ist also Networking angesagt.
Ein kleiner Tipp bezüglich Networking: Dazu gehören auch Kontakte wie Familie, Freunde und Freundinnen oder Bekannte. Das Ziel ist nicht ein Netzwerk aus lauter Fremden aufzubauen.
LinkedIn ermöglicht es, Kontakte zu knüpfen und dein berufliches Netzwerk aufzubauen bzw. zu erweitern. Dieses kann dir vielleicht eines Tages als Vitamin B für deinen Traumjob nützlich sein. Denn viele Stellen werden nie ausgeschrieben, sondern geradezu unter der Hand vergeben. In dieser Hinsicht ist ein attraktives Profil sicherlich von grosser Bedeutung, ein gutes Netzwerk aber umso mehr.
Fazit
Insgesamt ist ein LinkedIn-Account durchaus sinnvoll, um das eigene Netzwerk zu erweitern und alte Kontaktbeziehungen aufrecht zu erhalten. Für die Jobsuche ist die Relevanz der Plattform jedoch stark branchenabhängig und verschafft daher nur bedingt Vorteile. Hinzu kommt, dass andere Stellenportale und Jobbörsen nach wie vor eine beachtliche Popularität geniessen. Deshalb sollte LinkedIn nicht überbewertet und Berufserfolge nicht als abhängig von einem guten Profil betrachtet werden. Schliesslich geht das Berufsleben auch ohne, so wie man auch ohne Instagram oder Facebook am sozialen Leben teilhaben kann.
Insider-Tipps zum Schluss
Falls du immer noch hin und her gerissen bist, ob ein LinkedIn-Profil das Richtige für dich ist, hier ein kleiner Insider-Tipp, was die Plattform nebst Jobsuche, Selbstvermarktung und Networking sonst noch anbietet. Auf LinkedIn Learning besteht die Möglichkeit, Online-Kurse zu besuchen. Dort kannst du dir primär berufsbezogenes Wissen aneignen und dafür sogar Zertifikate erhalten. Die Kurse sind in der Regel kostenpflichtig, allerdings kannst du von einem Gratis-Probemonat profitieren. Ich habe das Kursangebot durchforstet und einige Kurse herausgeschrieben, die sowohl für das Studium wie auch für das anschliessende Berufsleben von Vorteil sein könnten.
- Zeitmanagement – Grundlagen
- Freude am Lernen entwickeln
- Rede, Vortrag, Präsentation: Mentale Stärke
- Gehaltsverhandlung
- Meditieren lernen in praktischen Schritten
- Professionelle Bewerbungsunterlagen erstellen