Mit dem Stream schwimmen

Format
Kolumne
Lesedauer
2 Minuten
Veröffentlicht am
1. März 2021 im Print

Das zauberhafte Land der Streamingdienste oder: wie ich lernte, das Streamen zu lieben.

Louis Fedier, Judaistik
Illustration: Selma Badic, Soziologie

Die Filmwelt ist im Wandel. Musste man früher noch ins stetig teurer werdende Kino gehen, um den neuesten Blockbuster sehen zu können, warten wir heute ein paar Wochen, bevor der Film auf der Streaming-Plattform unseres Vertrauens verfügbar wird und schauen ihn dann bequem von zuhause aus. Das Jahr 2020 hat diesen Trend noch zusätzlich verstärkt. Kinos gerieten infolge des Mangels an neuen Filmen und behördlicher Schliessungen in existenzielle Nöte, während Streamingdienste mit Rekordzahlen glänzen konnten. Dabei geht schnell vergessen, dass Streaming schon vor #stayathome und abgesagten Grossveranstaltungen mit jedem Jahr mehr Leute begeisterte. Was könnten die Gründe hierfür sein?

Erstens steht uns nun dank Streaming eine nahezu grenzenlose Auswahl an Filmen und Serien zu einem relativ günstigen Preis jederzeit auf Abruf zur Verfügung. Vorbei die Zeiten, wo man sich noch an Sendezeiten im linearen Fernsehen halten und Mahlzeiten verschieben musste, um die neueste Folge der Lieblingsserie schauen zu können. Zum Preis von weniger als einem regulären Kinoticket erhalten wir vollen Zugriff auf die Datenbank einer der vielen Streamingdienste, die inzwischen wie Pilze aus dem Internetboden schiessen. Dabei gilt es zu beachten, dass jeder grössere Medienkonzern inzwischen seinen eigenen Dienst startet und seine Eigenproduktionen dort exklusiv anbietet. Will man also wirklich alles haben, muss man auch für jeden Dienst separat bezahlen. Aber für die gut 50 Franken im Monat kriegt man ja dann auch nur das Beste vom Besten, schliesslich gibt es bei den Streamingdiensten glücklicherweise keinen billig produzierten oder eingekauften Müll zu sehen. 

Ein weiteres grosses Plus sind die vielen Algorithmen, die uns helfen, genau die Bewegtbilderzeugnisse zu finden, die uns gefallen. Warum das grüne Gras auf der anderen Seite des Zaunes begehren, wenn wir auf unserer Auslauf-Wiese mit den besten Futtermitteln gemästet werden? Haben wir uns erst einmal auf eine bestimmte Richtung festgelegt, werden wir unablässig mit dem versorgt, was wir wollen, und können endlich auf die stundenlange Sucherei nach Geheimtipps und Neuentdeckungen verzichten.

Last but not least erlauben uns die technischen Möglichkeiten inzwischen auch zuhause eine echte, wenn nicht gar bessere, Kino-Atmosphäre zu erzeugen. Fernab von echten Menschen, die mit uns lachen, weinen oder jubeln könnten, lässt sich ein Film auf dem heimischen Bildschirm oder HD-Beamer doch viel besser geniessen. Wer will denn schon ernsthaft mit einem physisch vorhandenen Mitmenschen über das Gesehene diskutieren? Zuhause haben wir unsere Ruhe, bestimmen selbst über die Anzahl der Pausen und können im Zweifelsfall ganze Szenen einfach überspringen. Dazu noch das leckere, wenn auch leicht angekokelte, Popcorn aus der Mikrowelle – so geht Filmgenuss im 21. Jahrhundert!

Abschliessend bleibt zu sagen, dass Streamingdienste eine grossartige Sache sind und sich kaum negative Punkte finden lassen – zumindest nicht, solange sich das eigene Hirn im Shutdown befindet.

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