In der Vorlesung müssen Notizen schnell geschrieben werden, aber auch lesbar sein. Umso wichtiger ist gutes Schreibmaterial. Ausserdem hinterlässt die Handschrift mit jedem Wort eine eigene Unterschrift auf dem Blatt. Ein Beziehungsratgeber für Stift und Papier.
Hannah Göldi, Kulturwissenschaften
Über den Stift zum Papier kommt der Körper zur Sprache. Die Körpersprache als verbale Kommunikation: das ist unsere Handschrift. Wie viele Studien nachweisen, dass sich das Gehirn Informationen durch handgeschriebene Notizen besser merken kann, wird uns von Dozierenden schon genug eingetrichtert. Fällt der Entschluss dann tatsächlich mal auf Papier und Stift, zeigen sich ganz neue Probleme: der Gratis-Kugelschreiber lässt jedes zweite Wort unleserlich erscheinen, und ob die daraus resultierende Krakelschrift den Lernprozess wirklich fördert, lässt sich anzweifeln. Wenn also mit der Hand gedacht werden soll, so muss vorerst die Beziehung zwischen Stift und Papier gepflegt werden.
«Für schnelles und bequemes Schreiben eignet sich ein Tintenroller am besten», meint Frau Kindhauser, Verkäuferin der Papeterie Zumstein in Zürich. Der Tintenroller tritt als Kompromisslösung zwischen Kugelschreiber und Füllfederhalter auf: Statt mit der ölbasierten Schreibpaste eines Kugelschreibers wird eine glyzerinhaltige und somit flüssigere Tinte mittels Kugel, statt über eine Feder, zu Papier gebracht. Während der Kugelschreiber mehr Handdruck erfordert, ist das Schreiben mit dem Roller weniger ermüdend. Die Tinte präsentiert sich charmant auf dem Blatt und umgeht dabei zudem die erforderliche Schreibtechnik für die Füllfeder.
Wenn beim schnellen Notieren allzu oft mal Patzer passieren, empfiehlt sich vielleicht eher der Griff zum Bleistift. Dabei wurde in der Primarschule wohl selten auf den Unterschied zwischen rot und blau geachtet. Das Bewusstsein über die eigenen Präferenzen diesbezüglich empfiehlt sich jedoch dringend für eine stabile Beziehung: Der rote Schreiber enthält mehr Graphit und ist somit weicher im Umgang mit dem Papier und deshalb leichter ausradierbar als sein blauer Freund. Letzterer hinterlässt seine Spuren bereits beim ersten Treffen mit dem Papier und erfordert einen härteren Radiergummi zur Wiedergutmachung. Die schärferen Linien dürften einige unter uns jedoch wagemutig stimmen.
Dem Papier darf mit weniger hohen Ansprüche begegnet werden: «Satinierte Oberflächen sind für Notizen am besten geeignet», so Kindhauser. Dabei wird das Papier beim Herstellungsprozess extra glatt gewalzt. Dies ermögliche einen besseren Schreibfluss. Weiter sind säurefreie Blätter von besserer Qualität, was heutzutage jedoch ohnehin meist zutrifft. Zu guter Letzt kommt Umweltschutz immer gut an, so darf bei der Partnerwahl ruhig nach FSC-Labels und nach chlorfreien Kandidat*innen gesucht werden.
Wer doch etwas mehr in die Beziehung investieren will, darf trotz erforderlichem Gewöhnungsprozess zur alten Feder greifen, kratzt sie doch so angenehm den Rücken des Papiers und hinterlässt die stilvollsten Linien auf dem Blatt. Deshalb werden Seitensprünge mit dem Fülli, mindestens für das Briefpapier, stark empfohlen. Schliesslich dürften auch Linkshänder*innen mit den neueren Tinten kaum noch in Schwierigkeiten geraten. Bevor die linke Hand Tränen auslösen könnte, ist die Tinte schon trocken.