Bib bleibt fürs Lernen zu – eine Belastungsprobe für Luzerner Studis

Der Eulensaal in der Universitätsbibliothek bleibt vorerst leer. (Bild: Universität Luzern)
Format
Bericht
Lesedauer
4 Minuten
Veröffentlicht am
8. Juni 2020

Die Universität Luzern dürfte ihre Studierenden wieder in der Bibliothek lernen lassen, nur tut sie es im Gegensatz zu anderen Schweizer Unis nicht. Der Entscheid enttäuscht und überrascht Studierende.

Sophie Küsterling, MA Politikwissenschaften

Vor kurzem postete die bekannte deutsche Klimaaktivistin, Luisa Neubauer, auf ihrem Instagram-Profil einen Beitrag darüber, wie die Studierenden in der Corona-Pandemie scheinbar in Vergessenheit gerieten: «Weil es im Großen und Ganzen relativ egal ist, wie belastend es ist, […] mit der Konzentration, mit den Prüfungen, mit dem ruhigen Arbeitsplatz. Denn wir halten niemanden vom Arbeiten ab». Sie erntete in der Kommentarspalte viel Zustimmung. Auf einen ruhigen Arbeitsplatz können viele Luzerner Studierende auch in absehbarer Zeit nicht zählen. Denn in ihrem Newsletter vom 29. Mai hat die Universität Luzern ihre Studierenden informiert, dass die Lerngruppenräume sowie die 670 Arbeitsplätze in der Hochschulbibliothek im Universitätsgebäude ab dem 8. Juni noch nicht zur Verfügung stehen werden.

Der Entscheid überrascht, bietet doch beispielsweise der Hochschulsport Campus Luzern (HSCL) ab dem 8. Juni wieder ein – wenn auch beschränktes – Sportprogramm an. Ab diesem Datum dürfen Studierende wieder in Clubs feiern gehen, während einem Gottesdienst für gute Noten beten, ja, sie dürften gar käuflichen Sex in Anspruch nehmen. Nur fürs Lernen oder das Schreiben einer Seminar- oder Abschlussarbeit dürfen die Luzerner Studierenden nicht in die Bibliothek.

«Ein Grund für diese Entscheidung war, dass wir unter Einhaltung der nach wie vor geltenden Distanzregelung nur für einen sehr kleinen Teil der Studierenden einen Lernplatz hätten anbieten können. Mitten in der Prüfungsphase wollten wir aber nicht unterschiedliche Voraussetzungen für die Studierenden schaffen», erklärt Lukas Portmann, Kommunikationsbeauftragter der Universität Luzern auf Anfrage.

Die Maxime «So wenig Personen im Hause wie möglich, dafür aber Zugang zur Bibliothek» und die Entscheide, welche damit einhergingen, würden auch von der Studierendenorganisation SOL mitgetragen. Der Hochschulsport, welcher seine Dienstleistung allen Luzerner Hochschulen anbiete, fände unter Einhaltung eines Schutzkonzeptes von Behörden und Sportverbänden statt. Durch die Anmeldung könne die Teilnahmebeschränkung und Nachverfolgung gewährleistet werden.

«Ich fühle mich benachteiligt»

Der Entscheid der Universität überraschte nicht nur, er enttäuschte auch einige Studierende, die gehofft hatten, nach rund drei Monaten an die Universität zurückkehren zu dürfen.

Lisa, die Weltgesellschaft und Weltpolitik studiert und derzeit an ihrer Masterarbeit schreibt, findet, die Uni Luzern mache es sich mit diesem Entscheid zu einfach. «Andere Universitäten schaffen es auch, ihren Studierenden eine gewisse Anzahl an Arbeitsplätzen freizugeben. Als Studentin, die – wie alle anderen – Semestergebühren bezahlt, fühle ich mich benachteiligt.»

Yael, die ebenfalls Weltgesellschaft und Weltpolitik studiert und ihre Masterarbeit schreibt, war vor dem Lockdown regelmässig in der Bibliothek anzutreffen. «Ich bin zwar nicht zu hundert Prozent eine Bibliothekslernerin, aber ich hatte gehofft, jetzt wieder in die Bib gehen zu können. Es wäre vor allem für meine Masterarbeit toll gewesen.» In ihrer WG falle ihr mittlerweile die Decke auf den Kopf. Dass es keine Trennung zwischen Studium, Arbeit und Freizeit gäbe, bereite ihr Mühe.

Lisa teilt Yaels Meinung: «Ich bin dabei, meine Abschlussarbeit zu schreiben, die Uni sollte jetzt alles daran setzen, dass das reibungslos klappt.» Die Studentinnen geben zu, dass es Personen gebe, die sich zu Hause besser konzentrieren könnten und gar nicht in die Bibliothek wollten. Für sich und Gleichgesinnte, die sich in der Bibliothek jedoch besser konzentrieren können und disziplinierter sind, wünschen sich die beiden mehr Unterstützung seitens der Uni.

Nebst der Lernatmosphäre vermissen Lisa und Yael besonders den Austausch mit anderen Studierenden. «Ich habe gespürt, wie ich den sozialen Austausch vermisse, der in der Bibliothek entsteht», sagt Lisa. «Die spontanen Interaktionen fallen komplett weg. Ich bin eher alleine mit meinen Studiensorgen und kann sie nicht wie sonst spontan mit jemandem besprechen. Das belastet schon», ergänzt Yael. «Es sind diese kleinen, zwischenmenschlichen Begegnungen, die psychisch so viel ausmachen», meint Lisa.

«Dass erschwerte Bedingungen Belastungen mit sich bringen, ist allen hier Arbeitenden bewusst – an Universitäten ist es gleich wie in  anderen Bereichen des öffentlichen Lebens. Wir engagieren uns dafür, entstehende Nachteile sinnvoll, gerecht und gesundheitsschonend auszugleichen», schreibt Lukas Portmann zur Situation der Luzerner Studis.

Die anderen können es auch

Andere Strategien als die Uni Luzern wählten die Universitäten Bern, Basel, St. Gallen und Zürich. Die Universität Basel beispielsweise öffnet laut ihrer Webseite für Universitätsangehörige einzelne Lesesäle der universitären Bibliotheken, eine beschränkte Anzahl von Plätzen ist über ein Online-Ticketsystem buchbar. Die Uni Bern stellt ihren Studierenden ebenfalls eine reduzierte Anzahl an Arbeitsplätzen zur Verfügung. Die Benutzer*innen müssen sich eingangs mit ihrer Legi ausweisen. Auch die Uni Zürich lässt ihre Studierenden wieder Arbeitsplätze in den Universitätsräumlichkeiten nutzen. Und an der Uni St. Gallen können Studierende ebenfalls wieder eine reduzierte Anzahl von Arbeitsplätzen benutzen, ein Online-Seatfinder zeigt ihnen die verfügbaren Plätze an.

Die Uni Luzern hat in der Bibliothek ebenfalls einen Seat-Navigator, der verfügbare Plätze anzeigt. An Sonntagsöffnungen wurden am Nachteingang zudem unter Vorzeigen der Legi bereits Einlasskontrollen durchgeführt. Während der Lernphase bietet die Uni ihren Studierenden zudem Arbeitsplätze in verschiedenen Hörsälen an.

Die Universität Luzern könnte also auch einige der obengenannten Massnahmen ergreifen, um ihren Studierenden begrenzten Zugang zu den Arbeitsplätzen zu ermöglichen. Lisa hat ebenfalls einen Lösungsvorschlag: «Es könnte ein System eingeführt werden, welches jedem Studi zwei Mal in der Woche einen Tag in der Bibliothek reserviert. So könnte man immerhin an zwei Tagen effizient arbeiten.»

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