Die Universität Luzern empfängt jedes Semester Studierende aus allen Weltregionen, die hier ein oder zwei Semester verbringen. Doch was machen ausländische Studis eigentlich jetzt, in Corona-Zeiten? Wie fühlt es sich an, in einem fremden Land «social Distancing» zu betreiben, wenn man doch extra gekommen ist, um neue Leute kennen zu lernen? Was bewegt sie, hierzubleiben oder zurückzukehren? Eine Austauschstudentin erzählt im Gespräch mit Lumos, wie sie den Lockdown an der Uni Luzern erlebt.
Anselma Künzle, Weltgesellschaft und Weltpolitik (Text & Bilder)
Gabi und ich wurden von ESN als Buddys «gematcht». Ich spreche ein bisschen Spanisch und die Peruanerin studiert, ähnlich wie ich, Politikwissenschaften und Internationale Beziehungen. Sie wollte ein spannendes Semester in Luzern verbringen, doch wie wir alle konnte sie die Präsenzveranstaltungen an der Uni gerade einmal während drei Wochen besuchen. Als die Uni geschlossen wurde und sich die Corona-Krise in vielen Ländern verschlimmerte, wurden einige Austauschstudierende von ihren Universitäten oder Heimatländern zurückgerufen. Laut dem International Relations Office der Unilu sind acht der zweiunddreissig Austauschstudierenden in ihre Heimatländer zurückgekehrt.
«Ich stecke hier fest»
Gabi wurde allerdings nicht zurückgerufen und blieb in der Schweiz. «Ich kann gar nicht zurück, ich stecke hier fest», seufzt sie. Zurzeit gebe es keine Linienflüge nach Peru und es sei nicht sicher, wann wieder Rückholflüge durchgeführt werden würden. Zudem müsste sie diesen teuren Flug dann selber bezahlen, was nicht möglich sei. Neben diesen finanziellen Aspekten sind auch die gesundheitlichen Risiken in Peru für Gabi ein Grund, in der Schweiz zu bleiben. Die Situation in Peru sei sehr schlimm: Obwohl die peruanische Regierung eigentlich früh reagierte und eine Ausgangsperre verhängte, sind die Spitäler komplett ausgelastet und die Ansteckungszahlen weiterhin steigend. Ein grosses Problem sei auch, dass viele Menschen im informellen Sektor auf der Strasse arbeiten und unmöglich zu Hause bleiben können. Ihre Familie habe deshalb darauf bestanden, dass sie in der Schweiz bleibe.
Neben den coronabedingten Unsicherheiten und Änderungen, von denen wir alle betroffen sind, musste sich Gabi in den letzten Wochen mit vielen administrativen und organisatorischen Fragen herumschlagen. Es war lange unsicher, wie es weiter gehen würde, ob sie ihr Bachelorstudium auch in der Schweiz beenden könnte und wie sie ein weiteres Semester in der Schweiz finanzieren sollte. «Die ganze Unsicherheit und die Abklärungen mit den Universitäten in Lima und in Luzern waren sehr stressig», erzählt mir Gabi.
«Ich vermisse es einfach allgemein, an die Uni zu gehen»
Insgesamt sei sie aber von beiden Unis sehr gut unterstützt worden. Sie kann nun ein weiteres Semester in Luzern studieren und von hier aus ihr Bachelorstudium beenden. Da sich ihre Heimuniversität in Lima kulant zeigt, werden ihr ausnahmsweise mehrere Kurse einer fremden Universität angerechnet. Auch die Uni Luzern und insbesondere das International Relations Office seien ihr eine grosse Hilfe gewesen.
Gabi betont, dass ihr in dieser Zeit besonders ihre Familie sehr viel Halt gab. Und zu wissen, dass alle schwere Zeiten durchmachen, auch wenn sie in verschiedenen Ländern leben: «Wir sind alle zusammen im gleichen Kampf, er ist international». Zudem motivierten sie auch ihre Freunde: Neue, die sie in der kurzen Zeit in der Schweiz kennengelernt hatte. Und eine langjährige Schweizer Freundin, die selber schon bei Gabis Familie in Peru ein Austauschsemester verbrachte. Ihre Familie sei für Gabi wie eine eigene Familie in der Schweiz.
Zum Abschluss will ich von Gabi wissen, ob sie sich denn freue, ein weiteres Semester hierzubleiben. Daraufhin meint sie, dass sie natürlich ihre Freunde, ihr Heimatland Peru, das peruanische Essen und ihre Uni in Lima vermisst. Und sie ergänzt: «Ich vermisse es einfach allgemein, an die Uni zu gehen. Aber wo, ist eigentlich egal!» Es sei daher gut, noch ein Semester in der Schweiz zu bleiben. Wie wohl die meisten hofft auch Gabi, dass der Unterricht im nächsten Semester wieder «normaler» und mit Präsenzveranstaltungen analoger wird. Hier zu bleiben sei unter diesen Umständen absolut die beste Lösung, ist sich Gabi sicher. Wäre sie zurückgereist, hätte sie alleine in Lima gewohnt und sich zu Hause in die Quarantäne verkrochen. «Aber da würde ich ja durchdrehen!», meint sie lachend.
Das Buddy System von ESN (Erasmus Student Network) zielt darauf ab, ausländischen Studierenden die Ankunft in Luzern und an der Unilu zu vereinfachen. Austauschstudierende sowie Einheimische melden sich bei ESN an und werden je nach Interessen, Studienrichtung und Sprachkenntnissen miteinander «gematcht». Als einheimischer Buddy ist man die erste Ansprechperson für «Incoming Students» und erleichtert ihnen mit Infos über das Leben und das Studium in Luzern den Start in der Schweiz.
Möchtest du internationale Freundschaften knüpfen und dabei sogar noch Social Credits erwerben? Dann melde dich als Buddy! Alle wichtigen Infos über ESN und das Buddy Programm gibt es online unter https://luzern.esn.ch/buddy-system oder unter luzern@esn.ch.