Grünes Licht für die Legalisierung?

Jeder dritte Schweizer hat schon mindestens einmal im Leben an einem Joint gezogen, für viele ist das Suchtmittel schon lange fester Bestandteil ihres Alltags. Aber was macht die Politik? Und wie steht es eigentlich um die vergessen gegangene Initiative zur Cannabis-Legalisierung?

Elena Oberholzer, Gesellschafts- & Kommunikationswissenschaften (Text)

Es ist Freitagnachmittag, kurz vor Beginn der Sommerpause. Die Studierenden im Hörsaal der Universität Luzern sitzen ungeduldig an ihren Tischen. Draussen scheint die Sonne und es sind angenehme 25 Grad. Das, was der Dozierende jetzt noch zu erklären versucht, wird bei den meisten nicht mehr ankommen. Viel lieber bespricht man im Flüsterton, wie der angebrochene Sommerabend am besten verbracht werden soll. «Wir holen Bier im Coop und setzen uns an den See», sagt der eine. «Gute Idee», erwidert der andere, «und ich dreh uns noch Einen.»

Den meisten Studierenden wird, lauschen sie einer solchen Unterhaltung, nichts auffallen. In unserer Generation ist es Alltag, dass neben Alkohol auch Cannabis konsumiert wird. Dass Letzteres nach wie vor illegal ist und nicht einfach im Coop im Regal steht, wird schnell vergessen. Cannabis ist laut dem Bundesamt für Statistik die am häufigsten konsumierte illegale Droge in der Schweiz. Mehr als ein Drittel der Erwachsenen über 15 Jahren hat schon mindestens einmal im Leben gekifft, ungefähr 300 000 tun es regelmässig.

Junge Erwachsene konsumieren am meisten

Laut einer Studie von «Suchtmonitoring Schweiz» aus dem Jahr 2018 ist der Cannabis­gebrauch in der Schweiz seit rund 15 Jahren relativ stabil geblieben. Anders war dies in den 90er-Jahren, als der Konsum in vielen europäischen Ländern stark anstieg. «Suchtmonitoring Schweiz» schreibt zudem, dass der grösste Anteil an Konsumierenden in den Altersstufen unter 35 und vorwiegend bei Männern liegt. So ist gemäss Erhebungen aus dem Jahr 2018 der Konsum bei 20- bis 24-Jährigen mit 10,2 Prozent am höchsten. Bei Männern ist der Konsum zudem mehr als zweimal so hoch wie bei Frauen (4,6 respektive 1,8 Prozent).

So ist der Cannabiskonsum in der Schweiz geregelt:
Seit 1951 ist Cannabis in der Schweiz als verbotenes Betäubungsmittel klassifiziert.

Der Konsum von Cannabis mit einem THC-Gehalt von mindestens einem Prozent ist
grundsätzlich verboten. Erwachsene werden bei einem Regelbruch mit einer
Busse von 100 Franken bestraft.

Für den berauschenden Effekt von Cannabis ist der Wirk­stoff Tetrahydrocannabinol
(THC) verantwortlich. Neben THC ist Cannabidiol (CBD) das wichtigste in Cannabis
enthaltene Cannabinoid. Enthält eine zum Rauchen bestimmte Cannabis­blüte
einen hohen Anteil an CBD und einen unter einem Prozent liegenden Anteil an THC,
darf sie in der Schweiz seit Ende 2016 legal verkauft werden.

Cannabisabgabe an Freizeitkiffer

Doch wie reagiert der Bundesrat auf diese hohen Zahlen an Konsumentinnen und Konsumenten? Wie das Bundesamt für Ge­sundheit im Januar dieses Jahres mitteilte, plant die Regierung über einen Zeitraum von zehn Jahren im Rahmen von Pilotversuchen, Cannabis an Freizeitkiffer abzugeben. Damit sollen Erkenntnisse über den geregelten Umgang mit Cannabis zu nicht medizinischen Zwecken gewonnen werden.
Die diesbezügliche Änderung des Betäubungsmittelgesetzes wurde Anfang dieses Jahres erlassen. Zu welchem Zeitpunkt man erste Erkenntnisse der Pilotversuche erwarten kann, ist noch unklar.

Zudem hat der Bundesrat Ende Juni eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes in die Vernehmlassung geschickt. Diese soll bewirken, dass künftig ärztliche Behand­lungen mit Cannabisarzneimitteln einfacher zugänglich werden. Aktuell ist die Verschreibung von nicht zugelassenen Medikamenten auf Cannabisbasis zwar unter Umständen möglich, jedoch sehr kompliziert.

Wann kommt die Legalisierung?

Anders als in verschiedenen US-Bundesstaaten und seit letztem Jahr auch in Kanada, ist der uneingeschränkte Konsum von Cannabis in der Schweiz also nach wie vor illegal –
Versuche, dies zu ändern, sind bis anhin gescheitert. Zuletzt war es der Verein «Legalize it!», welcher sich mit einer Initiative für eine Legalisierung einsetzen wollte. Wie die Luzerner Zeitung Anfang dieses Jahres berichtete, kamen die Initianten jedoch jahrelang nicht vom Fleck. Nun hat der im Januar dieses Jahres neu gegründete Verein «Cannabis Consensus Schweiz» das Zepter in die Hand genommen. «Die aktuelle Politik im Bereich Cannabis ist gescheitert», erklärt Adrian Heuss von Cannabis Consensus gegenüber unserem Magazin. Das Ziel des Vereins bestehe nun darin – unter Einbezug der verschiedenen Akteure –, ein mehrheitsfähiges Regulierungsmodell für Cannabis zu entwickeln. Dieses werde sich vor allem auf zwei Säulen, nämlich Schutz der Bevölkerung und Regulierung des Marktes, stützen. Dieses Modell soll mittels einer Volksinitiative umgesetzt werden. Teil des Vereins sind vor allem Produzenten des seit 2016 in der Schweiz legalen, nicht berauschenden CBD-Hanfs. Daneben setzen sich auch Jungpolitikerinnen und -politiker sowie Suchtfachleute für die Initiative ein. Laut Heuss soll die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative nächstes Jahr beginnen.

Zehn Jahre sind vergangen, seit in der Schweiz die letzte vergleichbare Initiative lanciert wurde. Damals hat das Schweizer Stimmvolk die von einem Initiativkomitee gestartete Volksinitiative «Für eine vernünftige Hanf­politik mit wirksamem Jugendschutz» mit 63 Prozent abgelehnt. Wie hoch stehen also die Chancen, dass Herr und Frau Schweizer zu gegebener Zeit die Initiative von Cannabis Consensus annehmen werden? «Wir sind überzeugt, dass die Chancen deutlich besser stehen als 2008. Auch mit Blick auf die internationale Entwicklung; seit 2008 hat sich so einiges verändert», so Heuss. «Aber uns ist klar, es wird auch dieses Mal keine einfache Aufgabe.»

Zeen is a next generation WordPress theme. It’s powerful, beautifully designed and comes with everything you need to engage your visitors and increase conversions.